Aktionszentrum Naturgefahren Montafon
Errichtung eines Aktionszentrums mit Ausstellung und Vermittlungsprogramm zum Thema Naturgefahren im Montafon
Die Region Montafon stellt aufgrund ihrer Ausdehnung und Höhenerstreckung das von alpinen Naturgefahren am stärksten geprägte Tal Vorarlbergs dar. Schon vor über 100 Jahren, nach der Hochwasserkatastrophe in Vandans im Jahr 1910, wurde hier der Bauhof der Gebietsbauleitung Bludenz der Wildbach- und Lawinenverbauung (WLV) eingerichtet.
Von April bis Oktober 2024 entstand auf dem Gelände der WLV ein neues, multifunktionales Gebäude, das nun den Schauraum „Aktionsraum Naturgefahren Montafon“ beherbergt. Dieser wurde in enger Zusammenarbeit und Vernetzung zwischen der WLV, der Gemeinde Vandans, dem Stand Montafon und den Montafoner Museen konzipiert.
Angesichts der zunehmenden Herausforderungen durch klimatische Veränderungen sind Wissen, Verständnis und ein moderner Umgang mit Naturgefahren von entscheidender Bedeutung. Mit der Ausstellung in Vandans wurde ein Ort geschaffen, der Bewusstsein und Sensibilität für dieses hochaktuelle Themenfeld fördert. Der neue Aktionsraum spannt inhaltlich einen Bogen vom historischen Umgang der Menschen mit Naturgefahren, über die Gründungszeit der Wildbach- und Lawinenverbauung bis hin zu deren heutiger Institutionalisierung und Funktionsweise. Auch zentrale Gefahren wie Lawinen, Hochwasser sowie Steinschläge und Felsstürze werden anhand historischer Katastrophenereignisse und aktueller Präventionsmaßnahmen stets mit Lokalbezug thematisiert.
Die Inhalte wurden sowohl für Jung und Alt als auch für Fachexpert:innen und Laien leicht zugänglich und ansprechend aufbereitet. So konnte ein Forum geschaffen werden, in dem sich verschiedene Interessensgruppen konstruktiv mit dem Thema Naturgefahren auseinandersetzen können.
Das Montafon ist die südlichste Talschaft Vorarlbergs. Von den fünf sternförmig von Bludenz ausgehenden Tälern, die im Wesentlichen den politischen Bezirk bilden, ist es das größte. Mit rund 563 Quadratkilometern Fläche umfasst das Montafon in etwa 44 Prozent der Gesamtfläche des Bezirks Bludenz. Das Tal wird durch die Ill entwässert: Circa 40 Kilometer lang fliesst sie von der Quelle bis zum Zusammenfluss mit der Alfenz am Talausgang. Die Seehöhe steigt von 580 m bei Lorüns bis auf 3.312 m am Piz Buin. Der eigentliche Talboden erreicht beim Talschluss in Partenen eine Höhe von 1.100 m. Das Haupttal verläuft in etwa von Südosten nach Nordwesten. Diese nach Nordwesten offene Lage, verbunden mit dem ozeanisch beeinflussten Klima, führt im Vergleich mit den angrenzenden Tiroler und Graubündner Tälern zu deutlich höheren Niederschlagswerten.
Für das Montafon als ausgesprochenes Gebirgstal sind die geologischen Verhältnisse von wesentlicher Bedeutung. Die geschichteten und teilweise tektonisch stark überformten Gesteine sind nicht immer stabil. Dazu kommt, dass das Haupttal und die Nebentäler durch die eiszeitlichen Gletscher massiv umgeformt wurden. Die daraus resultierenden übersteilten Talflanken sind häufig Ausgangspunkt von alpinen Massenbewegungen. Die Waldausstattung schwankt nach Höhenlage der Gemeinde. Für die gesamte Talschaft liegt der Waldanteil bei 30 Prozent. Dieser relativ niedrige Anteil ist bedingt durch die großen oberhalb der Waldgrenze liegenden hochalpinen Gebiete sowie die für die landwirtschaftliche Nutzung vorgenommenen Rodungen. Durch diese naturräumlichen Voraussetzungen sind im Montafon die allermeisten Gebiete in irgendeiner Form von Naturgefahren wie Wildbäche, Lawinen, Rutschungen, Felsstürze und Steinschläge betroffen.
Vor diesem Hintergrund kam es 1910 zur Einrichtung des Bauhofes der Wildbach- und Lawinenverbauung, Gebietsbauleitung Bludenz, in Vandans. Das älteste Gebäude des Bauhofs wird nun außerhalb des LEADER-Projektes saniert und soll in der Folge als Aktionszentrum zum Thema Naturgefahren eingerichtet werden.
Diese nun zur Verfügung stehende alte Bausubstanz der Pionierleistungen der Wildbachverbauung, die Rolle der russischen Kriegsgefangenen im ersten Weltkrieg in der Umsetzung der Schutzmaßnahmen, die direkte Nähe zum immer noch aktuellen Verbauungsschwerpunkt Rellsbach sowie der touristische Themenschwerpunkt „Wildbäche“ prädestinieren den Standort Vandans für ein solches Projekt.
- Bildungsstandort zu den Themen Naturgefahren, Klimawandel, Schutzwald für Heimische & Gäste (vgl. touristisches Ortsprofil Vandans) von jung bis alt, von Laie bis Expert*in.
- Das Aktionszentrum dient der breiten (Bewusstseins-)Bildung der Bevölkerung über das komplexe Zusammenspiel unterschiedlicher Naturgefahren, über die Notwendigkeit und Chancen der Wildbachverbauung in der Vergangenheit und Gegenwart, das empfindliche Gleichgewicht des alpinen Lebensraums Vorarlberg und Montafon und die Rolle unseres Wirtschaftens, Arbeitens und Lebens darin.
- Aktionen und Veranstaltungen am Standort blicken auf die Herausforderungen der Zukunft, auf den Klimawandel und Klimaschutz und die daraus resultierenden Veränderungen unseres Lebensraums.
- Bildungsort für Schulklassen oder andere Jugendgruppen, um Wissen über Naturgefahren, Klimawandel und Forstwirtschaft vor Ort zu erfahren und durch Aktionen zu vertiefen.
Erarbeitung der Ausstellungsinhalte
Es stellte sich heraus, dass das ursprünglich für den Aktionsraum vorgesehene Gebäude nicht wirtschaftlich sanierbar war und die Besucherführung ungünstig gewesen wäre. Aufseiten der WLV wurde deshalb entschieden, den Bestand rückzubauen und am selben Standort an leicht geänderter Position einen multifunktionalen Neubau aus Holz zu realisieren. Der Neubau bietet zahlreiche Vorteile in Hinblick auf Gestaltung, Nutzung, Zugänglichkeit und Außenwirkung. Die bis dahin erarbeiteten Ausstellungskonzepte mussten an die neuen Gegebenheiten angepasst respektive komplett umgeplant werden. Der neue Schauraum wurde am 23. Oktober 2024 eingeweiht.
Die Ausstellungsgestaltung erfolgte in enger Abstimmung mit den involvierten Akteur:innen von der Wildbach- und Lawinenverbauung, Stand Montafon, Montafoner Museen und den zuständigen Planern.
Die neu geschaffene Ausstellung „Aktionsraum Naturgefahren Montafon“ wurde so konzipiert, dass sich die Besucher:innen dank eines klaren, ineinandergreifenden Erzählstrangs und zahlreicher interaktiver Elemente die Inhalte individuell erschließen können. Gleichzeitig ist sie bestens für Gruppenführungen geeignet. Menschen jeden Alters sollen angesprochen werden, besonders aber Schülerinnen und Schüler.
Die Schau gliedert sich vom Foyer bis in den Hauptraum in neun Themenbereiche, jeweils bezogen auf das Montafon: Akteure; Wie begegneten die Menschen den Naturgefahren früher?; Hochwasser und Schutzmaßnahmen; Lawinenkatastrophen und Schutzmaßnahmen; Steinschlag, Felsstürze, Hangrutschungen und Schutzmaßnahmen; Schutzwald als Voraussetzung für Ansiedlung; Datenerfassung & Gefahrenzonenplanung; Naturgefahren- Management; Klimawandel und Perspektiven.
Ein wesentlicher Aspekt, den die Ausstellung vermitteln möchte, ist, dass hinter all diesen Erzählungen immer Menschen stehen, die einerseits schwere Schicksalsschläge durch Naturgefahren erlitten haben und andererseits ihr Bestes geben, um Schutz und größtmögliche Sicherheit zu gewährleisten. Durch Interviews (Audio und Video) wird diesen Menschen eine Stimme gegeben.
Der Schutzwald ist für die Region von besonderer Bedeutung und großem Stellenwert. Durch einen eigenen Themenbereich und sogenannte Mythentafel wird dem Rechnung getragen.
Ein zentrales Ausstellungselement ist ein interaktives 3D-Geländerelief vom Einzugsgebiet des Mustergielbach im Maßstab 1:2000.
Der Ausstellungsraum kann auch für Veranstaltungen (Vorträge, Konferenzen, etc.), Schulungen oder auch als Krisenzentrum bei Noteinsätzen der WLV genutzt werden. Bei der Gestaltung der Ausstellung wurde darauf geachtet, dass vor allem die Wandflächen bespielt werden und sämtliche frei im Raum stehenden Elemente wie Vitrinen oder das Geländemodell verschiebbar sind. Im Obergeschoss verfügt das Gebäude über Büroräumlichkeiten.
Vermittlung & Bildungsangebote
Die Ausstellung richtet sich an verschiedene Ziel- und Altersgruppen. Begleitend zur Ausstellungsgestaltung und -konzeption wurde unter Einbeziehung der Hauptvermittlergruppe – vornehmlich aktive und ehemalige Mitarbeitende der WLV – und erster potenzieller Zielgruppen, konkret der Volksschule Vandans, ein Vermittlungsangebot entwickelt.
Erste Führungen für die Kinder der Klassen 3a und 3b der VS Vandans konnten bereits gegen Ende der Projektlaufzeit durchgeführt werden. Diese zeigten, dass die Ausstellung das Thema „Naturgefahren und Umgang damit“ zielgruppengerecht vermitteln kann. Der Aktionsraum bietet dank der inhaltlichen Vielfalt auch die Möglichkeit, gezielt Themenschwerpunkte wie Hochwasser oder Schutzwald herauszugreifen.
Der neu geschaffene Ausstellungsraum ist mit einer eigenen Info-Tafel vor dem Gebäude in den von Montafon Tourimus geschaffenen Themenweg „Wildbachweg“ integriert.
Ein Ausstellungsflyer im Ausstellungsdesign wurde umgesetzt.
- Ein Bildungsstandort zu Naturgefahren, Klimawandel und Schutzwald für Einheimische und Gäste – vom Laien bis zur Expertin – wurde geschaffen.
- Der Aktionsraum ermöglicht eine umfassende Bewusstseinsbildung der Bevölkerung über das Zusammenspiel unterschiedlicher Naturgefahren, die Bedeutung der Wildbach- und Lawinenverbauung in Vergangenheit und Gegenwart, das empfindliche Gleichgewicht des alpinen Lebensraums in Vorarlberg und Montafon sowie die Rolle unseres Wirtschaftens und Lebens darin.
- Aktionen und Veranstaltungen am Standort thematisieren die Herausforderungen der Zukunft, Klimawandel und Klimaschutz sowie die daraus entstehenden Veränderungen in unserem Lebensraum.
- Als Bildungsort für Schulklassen und Jugendgruppen bietet der Raum die Möglichkeit, Wissen über Naturgefahren, Klimawandel und Präventionsmaßnahmen vor Ort zu erwerben und zu vertiefen.
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