Engagiert sein
Steigerung und Unterstützung des bürgerschaftlichen Engagements durch FreiwilligenkoordinatorInnen und engagierte Personen in Gemeinden
Die Regionalentwicklung Vorarlberg stellte in ihrer lokalen Entwicklungsstrategie die Entwicklung regionaler Resilienz in den Mittelpunkt. Ein zentrales Element ist dabei die Entwicklung des gesellschaftlichen Zusammenhalts in Form gelebter Nachbarschaft. Dabei stellt sich die Frage, ob sich bürgerschaftliches Engagement mobilisieren lässt. Das Pilotprojekt stellte sich der Herausforderung und untersuchte an praktischen Beispielen die Wirkung aktiver Mobilisierung.
Das Pilotprojekt bestätigt die These, dass die Kultur des sozialen Zusammenhalts gezielt weiterentwickelt werden kann und dass sich daraus eine nachhaltige, positive Wirkung auf die sozioökonomische Entwicklung einer Gesellschaft im Sinne einer Resilienz-Steigerung erwirken lässt. Im Ergebnis empfiehlt das Projekt, die gesellschaftliche Entwicklung nicht dem Zufall zu überlassen, sondern örtliche bzw. regionale Strukturen zu schaffen, die Sektor-übergreifend eine laufende Weiterentwicklung sicherstellen.
Am Projekt „Engagiert sein“ beteiligten sich 18 Gemeinden, das Land Vorarlberg mit dem Büro für Zukunftsfragen und die Regionalentwicklung Vorarlberg mit fünf Freiwilligenkoordinatorinnen. In vier Betreuungsgebieten mit ca. 5.000 - 10.000 EinwohnerInnen wurden in der Projektdauer von drei Jahren 850 Personen für das freiwillige bürgerschaftliche Engagement gewonnen. Die Koordinatorinnen haben in Summe ein Pensum von 26.800 Stunden ehrenamtlichem Engagement initiiert, welches über 6.000 Personen zugutekam. Durch die Initiativen entstanden neue Bekanntschaften, ein Mehr an gegenseitiger Anerkennung und Teilhabe - insgesamt ein stärkerer Zusammenhalt in der örtlichen Gesellschaft. Ein Konzept für die Weiterführung und Übertragung auf weitere Gebiete ist erarbeitet und liegt zur Entscheidung auf.
Hinweis: Das Projekt galt als Leitprojekt bei der Erstellung des LES2020 Lebendige Dörfer und ist im Aktionsfeld 3: Gemeinwohl-Strukturen und Funktionen unter der Maßnahme 3GW.03 Strukturen für gesellschaftliches, soziales Engagement ausbauen, beschrieben. Zur Projektbeschreibung verwenden wir daher Textauszüge aus dem LES2020.
In einem LEADER-Projekt der Periode 2007-13 namens „Engagement“ konnte die Erfahrung gemacht werden, dass sich freiwilliges gesellschaftliches Engagement (=Ehrenamt) in der Gesellschaft mobilisieren lässt und dass Menschen mit Handicaps in der Gesellschaft integriert leben können. In den drei Jahren des Pilotversuchs wurde in gewisser Weise überraschend deutlich, dass es beim jeweils richtigen Konzept immer mehrere Profiteure gibt und die Auseinandersetzung mit dem Thema eine ungeahnte Vielfalt an Beschäftigung eröffnet. Die engagierten Personen konnten ihre Talente in die Gesellschaft einbringen, mit ihrer Aufgabe wachsen und mit Sicherheit ihre Sozialkompetenz steigern. Erkenntnis aus dem Pilotprojekt: Ehrenamt bedarf lokaler Koordination und Mobilisierung, benötigt zum Gelingen jedoch der Unterstützung bestehender Institutionen. Gemeinden, die in der Mobilisierung des Ehrenamtes eine Chance erkennen, sollen die Möglichkeit erhalten eine örtliche Stelle (FreiwilligenkoordinatorIn) zur Mobilisierung des bürgerschaftlichen Engagements (bE) einzurichten.
Auf Grund der beschränkten Mittel, die aus dem LEADER-Programm zur Verfügung stehen, können maximal 5 Pilotgebiete (max. 5 FreiwilligenkoordinatorInnen möglich) bedient werden. In Gesprächen mit VertreterInnen von Regios und Gemeinden: Montafon, Leiblachtal, Vorderwald und WITUS-Gemeinden konnten die 5 Betreuungsgebiete entworfen werden. Diese können sein: Montafon: 3 Gemeinden; Klostertal/Großes Walsertal: bis 6 Gemeinden; Vorderwald: 4 Gemeinden; WITUS-Gemeinden: 5 Gemeinden; Leiblachtal: 3 Gemeinden. Hinweis: die letztliche Festlegung ist im AP1 vorgesehen. Da mit dem Projekt mehrere Gemeinden bedient werden und eine Gesamtkoordination erforderlich ist, bietet es sich an, dass die Regio-V stellvertretend als Projektträger auftritt. Die Eigenmittel werden von den beteiligten Gemeinden und dem Land Vorarlberg aufgebracht.
- Übergeordnetes Ziel des Projektes ist es in ausgewählten Gemeinden das bürgerschaftliche Engagement zu mobilisieren und damit wirksam die Sozialkompetenz einer dörflichen Gemeinschaft nachhaltig zu steigern.
- Operatives Ziel ist die Implementierung von mindestens 5 Personen, die als FreiwilligenkoordinatorInnen in den 5 Gebieten tätig sind. Die FreiwilligenkoordinatorInnen wiederum verfolgen das Ziel, Personen aus den Gemeinden für bürgerschaftliches Engagement zu gewinnen und zu höherer Sozialkompetenz zu befähigen.
- Die Umsetzung der Ziele bewirkt eine Steigerung des bürgerschaftlichen Engagements in der Gemeinde, eine größere Achtsamkeit zu Personen die an den „Rand“, oder punktuell in Not geraten sind, mehr Sensibilität für Eigenverantwortung, Verantwortung für die Gesellschaft und Offenheit für die Weiterentwicklung der dörflichen Gesellschaft.
- Die höhere Sozialkompetenz führt zu mehr Toleranz und Einsatz für die Allgemeinheit. Das verstärkte Miteinander stärkt die Dorfgemeinschaft und steigert die lokale Resilienz.
Inhalt des Projektes ist die Evaluierung und Implementierung von mindestens 5 Personen, die als FreiwilligenkoordinatorInnen in den 5 Gebieten tätig sind. Die FreiwilligenkoordinatorInnen stellen Entwicklungsbedarfe fest und akquirieren anlassbezogen Personen für bürgerschaftliches Engagement zur Lösung der gesellschaftlichen Problemstellung. Das Projekt ist als Lernprozess zu höherer Sozialkompetenz gestaltet. In Zusammenarbeit mit den Fachorganisationen des Landes werden FreiwilligenkoordinatorInnen und die in den Orten gewonnenen Personen befähigt, anstehende Aufgaben im bürgerschaftlichen Engagement noch besser bewältigen zu können. Es werden im Projekt brachliegende Talente mobilisiert. Durch die gezielte sektorübergreifende Zusammenarbeit sozialer, kirchlicher, schulischer und gesellschaftlicher Vereine sowie kommunaler Einrichtungen (Gemeinden) sollen Synergien erreicht und die Zusammenarbeit verbessert werden. Zu den Aufgaben der / des FreiwilligenkoordinatorIn zählen: a) Entwicklungsbedarfe, Handlungserfordernisse erkennen, Projekte definieren; b) Lokale Koordination und Mobilisierung von Bürgern für gemeinnützige Projekte; c) Begleitung der engagierten Bürger und deren Projekte; d) Koordination der Weiterbildung, Erfahrungsaustausch für bürgerschaftlich engagierte Personen; e) Sicherung der Win-win-Situation für Leistungsempfänger und der engagierten Bürger; f) Eigene Weiterbildung und Erfahrungsaustausch zwischen den FreiwilligenkoordinatorInnen.
In vier Gebieten bzw. 18 Gemeinden wurde eine Anlaufstelle, d. h. fünf Freiwilligenkoordinatorinnen für die Mobilisierung zum bürgerschaftlichen Engagement eingesetzt. 850 Personen konnten dabei für das freiwillige bürgerschaftliche Engagement gewonnen werden. Die bürgerschaftlich engagierten Personen haben in Summe ein Pensum von 26.800 Stunden ehrenamtlichem Engagement geleistet, welches über 6.000 Personen zugutekam. In drei Jahren wurden 110 Initiativen und Aktionen von den Freiwilligenkoordinatorinnen initiiert und begleitet.
Es zeigte sich, dass das Potential an bürgerschaftlichem Engagement groß ist und sich über persönliche Kontakte und professionelle Betreuung stärken und mobilisieren lässt.
Lokale und sektorübergreifende Betreuungsstrukturen können bürgerschaftlich engagierte Personen effizient und treffsicher erreichen. Die Freiwilligenkoordination erweist den etablierten Institutionen zudem nützliche Dienste, um die angebotenen Services an den Mann / die Frau zu bringen (last mile).
Gemeinden können das bereits vorhandene, wertvolle Potential des Freiwilligenengagements durch den Ausbau von Engagement fördernden Strukturen und Rahmenbedingungen nachhaltig unterstützen. Dadurch werden nicht nur mehr Menschen motiviert, sich ins Gemeinwohl einzubringen, sondern es wird auch das bereits bestehende vielfältige Engagement in einer Gemeinde gestärkt.
Erfahrungsaustausch und kollegiale Beratung innerhalb der Freiwilligenkoordinatoren/innen führen zur Professionalisierung der Netzwerkarbeit, sorgen für den Know-how-Transfer und sind ein wesentlicher Erfolgsfaktor.
Die Wirkung des Projektes auf die Eigenverantwortung, Toleranz, Zusammenhalt, Umgangskultur mit Minderheiten und die Assimilationsdynamik in der Gesellschaft lässt sich zwar nicht quantifizieren, die positive Wirkung auf die genannten Elemente einer Gesellschaft war im Projekt jedoch direkt spürbar.
„Durch ihre Vermittlerrolle trägt die Freiwilligenkoordination wesentlich dazu bei, dass das für die Gesellschaft so wichtige Engagement auch weiterhin auf hohem Niveau Zukunft hat. Denn das freiwillige Engagement ist kein Selbstläufer.“
Michael Lederer, Büro für Zukunftsfragen
„Sich Zeit für die Gemeinschaft zu nehmen ist heute nicht selbstverständlich; das braucht Motivation, Energie und setzt Vertrauen zu sich selbst aber auch zu den Mitmenschen voraus. Es braucht Vertrauenspersonen, die jene Bürger unterstützen, die sich für Mitbürger engagieren.“
Landesrat Christian Gantner
Man kann die gesellschaftliche Entwicklung dem Zufall überlassen oder durch aktives Handeln zu einer höheren Resilienz und einem friedvolleren Zusammenleben verhelfen. Den gesellschaftlichen Verantwortungsträgern wird daher eindringlich zur aktiven Gestaltung im Umfeld des bürgerschaftlichen Engagements geraten und die Handlungen nicht auf das Verwalten des Bestehenden zu beschränken. Ein entsprechendes Umsetzungskonzept wurde erarbeitet und den Gemeinden und dem Land zur Entscheidung und Weiterführung vorgelegt.
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