Natur bewusst erleben
Analyse der Ökosystemleistung als Basis für die Naturvermittlung und Lenkung der Freizeit- und Lebensraumnutzung im Kleinwalsertal.
Das Kleinwalsertal ist ein einzigartiger Natur-, Lebens- und Freizeitraum. Nicht zuletzt zählt es genau deshalb zu den führenden Tourismusdestinationen im Alpenraum. Mit zunehmender Begeisterung für Urlaub in den Bergen und Outdoor-Sportarten wächst allerdings auch der Druck auf sensible Ökosysteme. Fruchtbarer Boden, sauberes Trinkwasser, Schutz vor Naturgefahren und Erholungsfunktion: Die von der Natur erbrachten sogenannten „Ökosystemleistungen“ haben eine zentrale Bedeutung für das menschliche Leben. Mit wachsendem Druck auf den Naturraum durch die verschiedensten Nutzungen werden diese Leistungen allerdings immer knapper. Umso wichtiger war es, ihre Bedeutung aufzuzeigen und ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. Das Projekt „Natur bewusst erleben“ setzte genau an diesem Punkt an. Es wurde eine breite Datenbasis geschaffen, um daraus nun konkrete Lösungen zu erarbeiten und umzusetzen mit dem Ziel, die Qualität des Lebensraums zu erhalten und zu verbessern. Außerdem soll der Wert der Natur langfristig und kontinuierlich in das Zentrum des öffentlichen Interesses gerückt werden.
Im Rahmen des Projektes „Natur bewusst erleben“ wurden drei Schwerpunkte erarbeitet:
- Gesamthafte Analyse des Naturraums der Gemeinde Mittelberg mit dem Fokus auf die Ökosystemleistungen
- Entwicklung eines beschlussfähigen Konzeptes für die Lenkung von Freizeit- und Lebensraumnutzung
- Erarbeitung von Maßnahmen zur innovativen Wissensvermittlung
Der Naturraum des Kleinwalsertals verfügt über eine Vielfalt an Landschaften, die vor allem aufgrund ihres Natürlichkeitsgrades, ihrer Seltenheit und dem Vorkommen geschützter Arten (Tier- und Pflanzenarten) und Lebensgemeinschaften als besonders wertvoll einzustufen sind. Mit der Aktualisierung des Biotopinventars Vorarlberg im Jahr 2010 wurden im Kleinwalsertal insgesamt vier Großraumbiotope und 50 Kleinraumbiotope ausgewiesen. Hinzu kommt mit der Karstlandschaft des Hohen Ifen / Gottesacker ein international bedeutendes und grenzüberschreitendes neu an die Europäische Kommission nominiertes Natura-2000 Gebiet. Für diese sensiblen Bereiche kommt der Allgemeinheit eine europäische Verantwortung zu, die im Rahmen der menschlichen Nutzung auch des besonderen Schutzes bedarf. Ziele und Schutzkriterien müssen für diese großflächige Gebietsausweisung initiiert, definiert und in der Region kommuniziert werden.
Intakte Ökosysteme liefern vielfältigen Nutzen. Neben der ökologischen Wohlfahrtswirkung, der landschaftspflegerischen, landeskulturellen und wissenschaftlichen Bedeutung der einzelnen Biotope, zeigt sich der Wert der Lebensräume auch darin, dass sie eine wichtige Grundlage für die Lebensqualität darstellen (gute Luft, reines Wasser, Nahrungsmittel, Erosions- und Lawinenschutz, Erholungswert, etc.). Zusätzlich bildet der Naturraum auch die zentrale Basis für das touristische Angebot im Kleinwalsertal und ist somit von herausragender Bedeutung für die regionalen Wirtschaftskreisläufe.
Trotz vieler Initiativen für eine entsprechende Informationsvermittlung, sind die Besonderheiten sowie die Bedeutung und Leistungen des Ökosystems für die Bürger und Gäste im Kleinwalsertal bisher nicht immer unmittelbar erkenn- und erlebbar. Die vielfältigen Ansprüche und der Nutzungsdruck bringen eine Beanspruchung und mitunter auch eine Gefährdung der natürlichen Grundlagen samt Interessenskonflikten mit sich, die durch eine geeignete Bündelung und Information in der Region verhindert werden kann. Das Projekt „Natur bewusst erleben“ wird genau hier ansetzen und nach der Prämisse „Bewusstsein schaffen durch Wissen“ zu einer nachhaltigen und weitreichenden Sensibilisierung beitragen.
Ziel der Gemeinde Mittelberg ist es mit der Konzeptentwicklung „Natur bewusst erleben“, die Themen Naturvielfalt und die Leistung der Natur für den Menschen im Kleinwalsertal 365 Tage im Jahr erlebbar zu machen, in das Zentrum des öffentlichen Interesses zu rücken und somit zu einer nachhaltigen Sensibilisierung und Lenkung der Freizeit- und Lebensraumnutzung beizutragen. Mit einer innovativen Informationsvermittlung werden alle Generationen angesprochen und angeregt, sich mit der Thematik zu beschäftigen. Insbesondere Kinder und Jugendliche werden hier als zentraler Schlüssel zur nachhaltigen Bewusstseinsbildung angesehen.
Mit der intensiven Auseinandersetzung mit der Thematik und der Bewusstseinsbildung zum Wert der Natur leistet die Gemeinde Mittelberg einen Beitrag zum Erhalt und zur Verbesserung der Nutzung der natürlichen Ressourcen. Möglichen Interessenskonflikten und widerstreitenden Nutzungen in sensiblen Landschaftsräumen kann vorgebeugt werden – im Umkehrschluss wird ein Mehrwert aus dem naturräumlichen Angebot eröffnet. Dies soll auch die Gemeindearbeit in Bezug auf die Raumplanung in diesem sensiblen Bereich entlasten. Ziel ist die Schaffung von Synergieeffekten mit Multiplikatorwirkungen. Zusätzlich können durch das Projekt positive Effekte auf relevante Themen wie z.B. Freizeitnutzung erzielt werden. Nicht zuletzt trägt das hohe Gästeaufkommen mit rund 1,5 Mio. Nächtigungen im Jahr dazu bei, dass das Bewusstsein weit über die Gemeindegrenzen hinaus ihre nachhaltige Wirkung entfalten kann.
Für die Erarbeitung des Konzeptes „Natur bewusst erleben“ wird unter Leitung externer Experten eine Arbeitsgruppe mit einer erforderlichen Anzahl von thematisch relevanten Ansprechpersonen eingerichtet. In Workshops der Arbeitsgruppe werden die drei Schwerpunkte bearbeitet: In einem ersten Schritt werden der Ist-Zustand des Naturraums von 9.600 ha mit seinen Ökosystemen, die Kernthemen sowie Ziele unter Berücksichtigung bestehender Arbeiten und Studien wie z.B. dem Biotopinventar oder dem REK definiert, analysiert sowie qualitativ und quantitativ bewertet.
Im zweiten Schritt wird mit fachlicher Begleitung von der Arbeitsgruppe ein umsetzungsreifes Konzept für die Lenkung der Freizeit- und Lebensraumnutzung im Kleinwalsertal erstellt. Abschließend werden von der Arbeitsgruppe in Zusammenarbeit mit Fachexperten detaillierte Vorschläge für die innovative Vermittlung der Inhalte erarbeitet. Im Fokus steht dabei der ganzjährige Zugang zu den Informationen. Dabei sollen insbesondere die Erlebbarkeit im Naturraum selbst, die Vermittlung (z.B. in Form von Exkursions- und Wanderangeboten, NaturführerInnen oder einer Ausstellung) sowie die Einbeziehung digitaler Erlebnisse berücksichtigt werden.
Durch die intensive Projektarbeit unter Beteiligung der relevanten Interessengruppen wurde der gemeinsame Dialog gefördert sowie ein Beitrag zur Sensibilisierung geleistet. Zudem wurde im Rahmen der Naturraumanalyse und der Entwicklung des Lenkungskonzeptes eine zentrale Basis für die weitere Gemeindearbeit und Regionalentwicklung bezüglich der Naturraumnutzung geschaffen. Die Entwicklung von innovativen Vermittlungsmaßnahmen stellt außerdem die Grundlage für die langfristige Bewusstseinsbildung von Einheimischen und Gästen dar.
Im Zuge der Konzeptphase wurde der Wert der Natur im Kleinwalsertal aufgezeigt und in das Zentrum des öffentlichen Interesses gerückt. Des Weiteren wird eine nachhaltige Sensibilisierung gefördert und die Lenkung der Freizeit- und Lebensraumnutzung verbessert. Möglichen Interessenskonflikten und widerstreitenden Nutzungen in sensiblen Landschaftsräumen wird vorgebeugt. Zusätzlich wird im Zusammenhang mit den Maßnahmen zur innovativen Wissensvermittlung ein Mehrwert aus dem naturräumlichen Angebot eröffnet.
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