Werkzeugkoffer Maisäßsanierung

LES 14-20

Projektträger:in Stand Montafon 6780 Schruns Webseite

24. November 2016
24. November 2019

Erstellung eines abgestimmten Handbuchs für Eigentümer, Planer und Gemeinden mit konkreten Handlungsempfehlungen für nachhaltige und praktikable bauliche Lösungen.

Gut 80 Prozent der als Wohngebäude eingestuften Maisäßgebäude des Montafons werden für Freizeitzwecke und/oder zur Vermietung genutzt. Dies bringt architektonische bzw. bauliche Anpassungen mit sich, die mit der traditionellen Kulturlandschaft in Konflikt treten bzw. diese gefährden. Grund hierfür ist einerseits der schnelle Strukturwandel und andererseits ein relativ junges Problembewusstsein hinsichtlich der Auswirkungen auf die Kulturlandschaft und damit auch auf die regionale Wirtschaft, Kultur und Identität.

Seit Mai 2015 ist die Raumplanungsnovelle hinsichtlich Ferienhausnutzung, die u.a. auch die Maisäße des Montafons stark betrifft, wirksam. Was dies für Maisäß-EigentümerInnen bedeutet, die ihr Gebäude adaptieren möchten, war zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich klar. Deshalb hat der Stand Montafon in Kooperation mit regionalen Handwerksbetrieben, der Raumplanungsabteilung des Landes Vorarlbergs sowie mit regionalen Planern und Bauämtern einen „Werkzeugkoffer Maisäßsanierung“ als Handbuch erstellt, der konkrete Handlungsempfehlungen gibt, die richtigen PartnerInnen anführt bzw. vernetzt und eine Orientierung in Richtung nachhaltiger und praktikabler baulicher Lösungen gibt.

Dieses Handbuch mit Bauteilkatalog steht auf der Website des Standes Montafon kostenlos zur Verfügung und liegt zudem im Stand Montafon, in den Montafoner Gemeindeämtern, bei der Bezirkshauptmannschaft Bludenz, beim Land Vorarlberg, Abteilung Raumplanung und Baurecht und in den Montafoner Museen zur Ansicht auf.

Bei der Präsentation des Handbuches am 24. September 2019 wurde zudem die Wanderausstellung zum Thema Maisäßsanierung eröffnet und ein Rückblick auf alle Veranstaltungen und Aktivitäten im Projekt (Exkursionen, Werkstattgespräche, Beratungen etc.) wurde gegeben.

Download des Handbuchs

Die durch die Maisäßbewirtschaftung entstandene Kulturlandschaft bildet eine Hauptattraktion der (Tourismus)Region Montafon – sowohl für Einheimische als auch für Gäste. Aufgrund des raschen Strukturwandels ist die traditionelle Baukultur jedoch stark gefährdet. Mit der im Mai 2015 in Kraft getretenen Raumplanungsgesetzesnovelle zum Erhalt von Maisäßen und Maisäßflächen ist ein erster Schritt getan. Es bedarf aber konkreter Hilfestellungen für MaisäßbesitzerInnen, die bauliche Adaptierungen vornehmen wollen/müssen: was ist überhaupt traditionelle Baukultur? Wie viel davon ist in meinem Gebäude enthalten? Welche Baugeschichte gilt es zu entdecken? Welche Möglichkeiten zur modernen Nutzung gibt es bei möglichst großer Sorgfalt im Umgang mit alten Baumaterialien und -techniken? Es bedarf konkreter Handlungsempfehlungen und auch der richtigen Partner sowie deren Vernetzung, um eine Orientierung in Richtung nachhaltiger und praktikabler baulicher Lösungen anzustoßen. Es gilt hier schnellstmöglich zu handeln, da bereits der größte Teil der Maisäßgebäude zu Ferienzwecken genutzt wird und die baulichen Adaptierungen in Richtung Freizeitlandschaft tendieren. Hier bedürfen sowohl Behörden und Ämter als auch Privatpersonen Orientierungs- und Aufklärungshilfen, um die regionale Kulturlandschaft zu erhalten bei gleichzeitiger Berücksichtigung möglicher Ansprüche kommender Generationen. Den Erhebungen des Kulturlandschaftsinventars aus den Jahren 2008 – 2010 zufolge befinden sich in den Maisäßgebieten ca. 850 Gebäude, denen eine Wohnfunktion zugeordnet werden kann. Die Erhebungen ergaben, dass von diesen Gebäuden 2010 bereits rund 660 entweder für Erholungszwecke der Eigentümer, für Vermietungszwecke oder für beides verwendet wurden. Das sind fast 80%. Auch ursprüngliche Wirtschaftsgebäude sind teilweise mit Wohnfunktionen ausgestattet worden, diese wurden zahlenmäßig jedoch nicht erfasst. Aufgrund der intensiven Nutzungsänderung der Gebäude waren die Region Montafon - und auch andere Regionen Vorarlbergs - bisher mit folgenden Herausforderungen konfrontiert:

  • Fehlende rechtliche Grundlagen für zeitgemäße Anpassungen von Gebäuden und fehlende Regelungen für eine zweckmäßige Abwasserentsorgung
  • Fehlende bzw. rückläufige Bewirtschaftung der Flächen durch Rückgang der landwirtschaftlichen Nutzung
  • Fehlende Richtlinien zur Sanierung und Adaptierung von Wohn- und Stallgebäuden und zur Erhaltung von zentralen Kulturlandschaftselementen wie Trockensteinmauern, Schraga-Zäune etc.

Im Mai 2015 trat die Novelle des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes in Kraft, die sich auf die oben angeführten Problemstellungen bezieht und Lösungen anbietet. Wie diese Lösungen für in der Realität aussehen können stellt die Gemeinden vor große Herausforderungen bei der Bewilligung von Bauanträgen. Auch Bauwerber sind hinsichtlich Sanierungsfragen oft unbedarft oder unzureichend beraten und sensibilisiert worden, was leider oft dazu führt, dass alte Bausubstanz unwiederbringlich zerstört wird und die gut gemeinte Sanierung kulturlandschaftlich destruktiv wirkt und auch baurechtlich nicht akzeptabel ist. Schließlich mangelt es auch an erfahrenen PlanerInnen, die derartige Vorhaben fachlich sensibel und aus einem Verständnis für die bautechnischen Feinheiten der traditionellen Lösungen begleiten können.

Aufbauend auf den Maisäß-Bericht des Stand Montafons aus dem Jahr 2013 ist das übergeordnete Ziel ein niederschwelliger Zugang für Bauwerber zu Know-How hinsichtlich der Sanierung ihres Gebäudes bei gleichzeitiger Sensibilisierung für praktikable und handwerklich innovative Lösungen. Grundvoraussetzung für diesen Zugang sind entsprechend sensibilisierte Handwerker und Planer. Denn oft liegen die Lösungsansätze in der traditionellen Handwerkskunst, die heute bisweilen nur noch wenige Handwerker kennen und beherrschen. Gleichzeitig sollen unter der Prämisse der Nutzungsflexibilität aber auch moderne Adaptierungsmöglichkeiten integriert werden. Konkret werden folgende Ziele angestrebt:

  • Gemeinde, Eigentümer und PlanerInnen sollen mit dem Werkzeugkoffer Lösungsmöglichkeiten erhalten, wie die Novelle des Raumplanungsgesetztes in die Praxis umgesetzt werden kann.
  • Der Werkzeugkoffer trägt dazu bei, das Bild vom Maisäß als Ferienhaus zu verändern, hin zu einem Maisäß, das aufgrund der temporären Nutzung nur Minimalanforderungen (die durchaus dem heutigen Standard entsprechen) genügen muss und bauliche Veränderungen die regionale Baukultur und –tradition widerspiegeln und weitertragen.
  • Die regionale Baukultur und die (historische) handwerkliche Kunstfertigkeit beim Bauen werden neu beleuchtet und in den Vordergrund gerückt. Alte Techniken und bauliche Lösungsmöglichkeiten erfahren eine Renaissance – dort wo es sinnvoll ist. Moderne Techniken und Professionalität wiederum ergänzen das Ganze.
  • Die traditionelle Kulturlandschaft wird erhalten und nachhaltig weiterentwickelt sowie regionales und traditionelles Handwerk gefördert.
  • Durch die Aufwertung von traditioneller Baukultur in den Maisäßgebieten wird die stark von den Maisäßen geprägte regionale Identität gestärkt.

  • Erstellung eines abgestimmten Handbuchs (Werkzeugkoffer) in gedruckter und digitaler Form für BauwerberInnen, Architekten und Planer sowie für die Gemeinden/Bauämter zur baurechtlich sowie architektonisch/planerisch abgeklärten Maisäßsanierung mit Rücksichtnahme auf traditionelle und nachhaltige architektonische Lösungen
  • Enge Kooperation mit bzw. Einbindung von regionalen Handwerksbetrieben, Fachleuten und Landesabteilungen zur Wissensdokumentation und Wissensweitergabe
  • Bewusstseinsbildung für das Kulturgut Maisäß und regionaler Baukultur sowie für alte Handwerkstechniken und Transparentmachung der Vorteile und Intelligenz alter Lösungsansätze
  • Kombination alter und neuer Denkansätze bei der Suche architektonischer und regional angepasster Sanierungslösungen für temporäres Wohnen
  • Aktive Kommunikation der Aktivitäten inner-  und außerhalb des Tals;

  • Das Handbuch „Werkzeugkoffer Maisäßsanierung“ bietet einen niederschwelligen Zugang für BauwerberInnen zu Know-How hinsichtlich der Sanierung ihres Gebäudes bei gleichzeitiger Sensibilisierung für praktikable und handwerklich innovative Lösungen.
  • HandwerkerInnen und PlanerInnen wurden in die Erarbeitung des Handbuches miteinbezogen und im Hinblick auf das Thema sensibilisiert.
  • Alte Handwerkstechniken wurden bei Werkstattgesprächen diskutiert, an bestehenden Objekten erklärt und mit Musterstücken vorgezeigt.
  • Gemeinde, EigentümerInnen und PlanerInnen haben mit dem Werkzeugkoffer Lösungsmöglichkeiten erhalten, wie die Novelle des Raumplanungsgesetztes in die Praxis umgesetzt werden kann.
  • Die regionale Baukultur und die (historische) handwerkliche Kunstfertigkeit beim Bauen wurden neu beleuchtet und in den Vordergrund gerückt. Durch die Präsenz des Projektes in den digitalen und analogen Medien wurden diese Themen aktuell behandelt.
  • Die Ergänzungen von alten Techniken und modernen Lösungsmöglichkeiten wurden bei mehreren Exkursionen an bereits umgebauten Maisäß-Gebäuden gezeigt.
  • Das Projekt hat dazu beigetragen, dass das Bewusstsein um die traditionelle Kulturlandschaft sowie um regionales und traditionelles Handwerk gestärkt wird.
  • Durch das Projekt wurde die traditionelle Baukultur in den Maisäßgebieten in den Vordergrund gerückt und die stark von den Maisäßen geprägte regionale Identität gestärkt.
  • Das Handbuch sowie die stattgefundenen Veranstaltungen im Projekt tragen dazu bei, das Bild vom Maisäß als Ferienhaus zu verändern hin zu einem Maisäß, das aufgrund der temporären Nutzung nur Minimalanforderungen (die durchaus dem heutigen Standard entsprechen) genügen muss und dessen bauliche Veränderungen die regionale Baukultur und -tradition widerspiegeln und weitertragen.

 

Das Maisäß Montiel in St. Gallenkirch wurde in 2019 als "Montafoner Baukultur" ausgezeichnet. Foto: www.meznar.media

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